Infografik über Chinas Militärreformen

Der visionäre ‘Traum der Errichtung eines starken Militärs’ gilt als Schlüsselkomponente für den oft propagierten ‘chinesischen Traum’. Mit neuen, schlanken und dynamisierten Strukturen will die People’s Liberation Army (PLA) und die Führung Chinas sich befähigen, informationsgetriebene Kriege zu führen und zu gewinnen. Das neue SIGA-Organisationschart illustriert die aktuellen Entwicklungen und Strukturen der militärpolitischen Führung Chinas.

Folgende Beobachtungen innerhalb der aktuellen Militärstruktur sind bemerkenswert:

  • Der klassische Kampf der verbundenen Waffen (Joint) wurde strukturell gestärkt. Die Teilstreitkräfte stehen inzwischen auf einer Ebene, was einer Abwertung der traditionell stolzen terrestrischen Kräfte (Heer) gleichkommt. Gleichzeitig wurden die Joint-Theater-Commands nach dem Vorbild der US-Streitkräfte gefestigt mit dem feinen Unterschied, dass die US Theatercommands (Geographic Unified Combatant Commands) die ganze Welt abdecken und die Chinesische Variante nur das eigene Land, was weniger expansionistisch wirkt. Im Sinne der Stabilisierung der innermilitärischen Machtverhältnisse wurden dabei insbesondere für Kommandopositionen Heeresgeneräle berücksichtigt. Langfristig werden diese aber wahrscheinlich durch die bereits positionierten Offiziere in den Stellvertreterposition aus Luftwaffe und Marine abgelöst.
  • Die Etablierung der Strategic Support Force (SSF) ist ein innovatives Element zur Stärkung des holistischen Joint-Verständnisses. Die klassischen Streitkräfte sollen damit nicht nur dynamisiert werden, sondern nach der Vorstellung der informationsgetriebenen Kriegsführung über das Element Information verbunden werden. Der Begriff Information beinhaltet nicht nur um eine technische Komponente (Daten, Weltraum und Cyber), sondern impliziert ein umfassendes Verständnis (inkl. strategischer Nachrichtendienst und psychologische Operationen). Dies entspricht auch dem Chinesischen Ansatz der «Three Warfares»: Rechtliche, psychologische und mediale Kriegsführung.
  • Das Verteidigungsministerium in der Linie des State Council hat keine operative oder strategische Macht im Gefüge des modernen chinesischen Militärs. Dies kann so gedeutet werden, dass die Kreise (Factions) um den Ministerpräsidenten Li Keqiang deutlich geschwächt sind innerhalb der chinesischen Führung und Staatspräsident Xi Jinping die strategische und militärische Kontrolle ausübt.
  • Die traditionell sehr einflussreiche Militärverwaltung der Zentralen Militärkommission wurde mit den Reformen zerschlagen und es wurden fünfzehn verwaltungsunterstützende Departemente etabliert. Die Zentrale Militärkommission der Volksrepublik, die personell identisch ist mit der Zentralen Militärkommission der Kommunistischen Partei, führt inzwischen viel direkter die sicherheitspolitischen Instrumente. Im Rahmen der umfassenden Antikorruptionsbemühungen blieben neben den Parteistrukturen auch die Militärstrukturen nicht verschont. So konnte innerhalb der PLA die Parteikontrolle ausgebaut und institutionell gefestigt werden.
  • Auch auf strategischer Ebene fand eine gewisse Zentralisierung und auf Xi fokussierte Verschiebung der Strukturen statt. Neben den sogenannten Leading Small Groups (LSG), welche unter der Obhut Xis Entwicklungen kritisch mitverfolgen, kommentieren und Impulse geben, wurde auch eine National Security Commission als zentrales Organ für übergeordnete sicherheitspolitische Steuerung geschaffen.

MEILENSTEINE BIS HIN ZUR WELTKLASSE-ARMEE

Die 2015 lancierten Reformbewegungen der PLA sind als Teil einer ganzheitlichen, politischen Reform in China zu verstehen. Sie dienen und sind für Peking Grundlage, um längerfristig in der Weltpolitik mitbestimmen, ja vorangehen zu können. Dieses Ziel soll chronologisch in folgenden Meilensteinen gewährleistet werden:

Bis 2020 sollte das Heer der PLA vollständig mechanisiert sein. Um dies zu erreichen werden die terrestrischen Truppen reduziert. Dabei geht es nicht um eine Schwächung der Armee, sondern um die Ambition, sämtliche Truppen unmittelbar mobilisieren und somit auf der ganzen Welt verschieben zu können. Statt also traditionell einseitig auf Heerestruppen zu setzen, soll die Stärke der Armee durch moderne Technologien in der Luft und zu Wasser gewährleistet werden.

Bis 2035 setzt sich die PLA zum Ziel, informationsgetriebene Kriege zu führen, indem sämtliche Teilstreitkräfte über Kommunikation und Information verbunden werden (Multidomain-Ansatz). Dabei geht es nicht nur um den klassischen Kampf der verbundenen Waffen (Joint), sondern um die Dynamisierung der Streitkräfte im Sinn eines Konzepts Joint 4.0. Es geht um ein holistisches Sicherheitsverständnis.

Bis 2050 will die PLA eine Weltklasse-Armee sein, welche überall auf dem Globus Kriege und Operationen erfolgreich durchzuführen vermag. Dabei soll die Konfliktführung sich nicht nur auf die Erdkugel beschränken, sondern sich via Technologievorherrschaft und Joint 4.0 ebenso auf den Weltraum beziehen. Auf allen Ebenen hat China demnach den Anspruch, die absolute Weltspitze zu bilden.