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Geopolitische Zerreissprobe

Sri Lanka kollabiert vor den Augen der Weltgemeinschaft und rutscht tief in die Schuldenkrise, doch das Land ist kein Einzelfall. 107 Länder sind laut UN akut gefährdet. Der IMF schätzt, dass 60% der Low-income Staaten bereits in oder nahe an einer wirtschaftlichen Katastrophe stehen. Folgen für diese Länder: (1) hohe Nahrungsmittelkosten, (2) hohe Energiekosten und (3) schwierige Finanzbedingungen. Dies wiederum lässt Unruhen, Konflikte und Machtverschiebungen wahrscheinlich werden. Die SIGA-Crisis Map fasst die wichtigsten Krisenhotspots zusammen.

Gerade in einer solchen Ausnahmesituation kristallisieren sich internationale Machtverschiebungen heraus. Argentinien ist beispielsweise bereits eng an China gebunden. China ist hier nicht nur grösster Investor, sondern auch wichtiger politischer Partner, der sich für die argentinische BRICS-Mitgliedschaft einsetzt. Antiamerikanische Ressentiments vertiefen die grossen Dependenzen mit anderen Weltregionen. In Ecuador zeigt sich ein ähnliches Bild.

 

In Afrika dagegen überschlagen sich aktuell Angebote von allen Seiten: Nach umfangreichen Besuchen aus Russland werben nun auch die EU und die USA um afrikanische Partnerschaften. Ob diese Einsicht für Europa noch rechtzeitig gekommen ist, bleibt fraglich. Ägypten bezieht nicht nur Waffen aus Russland, sondern ist auch grösster Abnehmer von russischen Weizenlieferungen und im Gegenzug Russlands Tor zu Afrika. China präsentiert sich derweilen als Grossinvestor bei ägyptischen Bauprojekten oder etwa im tunesischen Gesundheitssystem. Zumindest in Nigeria und Kenia konnte sich die EU mit verschiedenen Finanzierungsprogrammen stärker positionieren. Die USA dagegen buhlen vor allem um engere Handelsbeziehungen zu Ghana und Südafrika. Nichtsdestotrotz stehen vor allem China und Russland auf dem afrikanischen Kontinent in Pole-Position. Afrika wird infolge der hohen Demografiedymanik als Kontinent der Zukunft bezeichnet und steht via Mittelmeer in direkter Nachbarschaft zu Europa.

 

Die etablierten Abhängigkeiten schaffen neue Allianzen, in der Rohstoffe, Infrastrukturen, Technologien und politischer Einfluss Teil der machtpolitischen Gleichung werden. Pakistan wird vermutlich der nächste Lackmustest sein, welches stark von China finanziell und infrastrukturtechnisch unterstützt wird und zugleich die militärische Elite noch mit den USA verbündet ist. Als Atommacht, Counterpart zu Indien und islamische Republik ein heikler Fall mit geopolitischem Zündstoff.


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